Das Unternehmen einhorn aus Berlin produziert nachhaltige Periodenprodukte und Kondome aus regenerativer Landwirtschaft. Feminismus, Nachhaltigkeit und Fairness spielen bei einhorn eine große Rolle. Das Berliner Start-up arbeitet daran, dass es sowohl den Menschen in der Lieferkette, als auch der Umwelt gut geht. einhorn versteht sich als Teil einer Bewegung für einen nachhaltigen Lebensstil mit Sinn für Gerechtigkeit, Aufklärung auf
Augenhöhe und sehr viel Spaß an Design und Ästhetik. einhorn ist eine Purpose
Company – das bedeutet, einhorn gehört sich selbst, kann nicht verkauft werden und
schüttet keine Gewinne aus. Bei einhorn wird “Neue Arbeit” gelebt, die Mitarbeiter*innen
arbeiten selbstorganisiert, ganz ohne formale Hierarchien und feste Arbeitszeiten.
1. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, nachhaltige Kondome herzustellen?
Damals haben wir gegründet, weil wir beweisen wollten, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaft irgendwie doch zusammenpassen, also dass auch Unternehmertum etwas Nachhaltiges tun kann. Wir haben gesagt, man müsste halt 50 Prozent der Profite reinvestieren und dann würde die Wertschöpfungskette mit diesen 50 Prozent unterstützt werden. So könnte man dann faire Lieferketten herstellen.
Dabei haben wir dann mit Kondomen angefangen und wenig später kamen noch Periodenprodukte hinzu.
Worin wir die 50 % unserer Gewinne reinvestieren kann man übrigens hier nachlesen.
2. Was das Thema New Work angeht, seid ihr absolute Vorreiter*innen. Wie schafft ihr es, dass in eurem Unternehmen ohne Hierarchien, Chefs oder Regeln kein Chaos ausbricht?
Zu unserem Team gehören, würde ich zumindest behaupten, viele unternehmerisch denkende Leute. Das sind keine Mitarbeiter*innen im klassischen Sinn. Sie werden nicht von uns benotet, gefeedbackt, geführt oder sonst irgendwas. Wie vorhin schon erwähnt : sie führen sich selbst und sind alle ihre eigenen Chefs. Und so verhalten sie sich auch. Die Verteilung von Privilegien führt zwangsläufig dazu, dass die Leute sehr, sehr fähig sind und auch eigenverantwortlich handeln.
3. Vor kurzem habt ihr bei euch eine 4-Tage-Woche eingeführt. Glaubt ihr, dass sich dieses Arbeitszeitmodell durchsetzen wird?
Na hoffentlich! Wir lieben es und werden auch weiterhin daran festhalten. Und nein, die Effizienz leidet nicht darunter.
Die 5-Tage Woche ist eine Erfindung aus dem Jahre 1908 und wurde 1930 flächendeckend eingeführt. Unschwer zu erkennen, dass sie aus einer anderen Zeit stammt, die keine Digitalisierung kannte und klassische Familienmodelle als Standard ansah. Ungefähr 100 Jahre später finden wir uns in einer Welt wieder, in der Familien oft doppelte Erwerbstätigkeit und Care-Arbeit stemmen müssen. Aber auch ohne Care-Arbeit bleibt wenig Zeit für Hobbies, ehrenamtliches Engagement und persönliche Weiterentwicklung. Dabei gibt uns die Digitalisierung alle Möglichkeiten frei, selbstbestimmt und tatsächlich auch ein bisschen weniger zu arbeiten.
Bei uns hat die 4-Tage Woche daher das Well-Being im Team gesteigert, wir haben einen besseren Fokus auf unsere Themen, mehr Wirksamkeit und mehr Energie um unsere Projekte erfolgreich zu verfolgen. Wir sind der Überzeugung, dass sie uns sogar mehr unternehmerische Kraft verleihen kann. Gleichzeitig soll der Wechsel in die 32-Stunden nicht das Ende für uns sein. Vielmehr wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, was Arbeit überhaupt bedeutet und ob sich nicht ein völlig neues System für Arbeit finden lässt, statt das alte System zu überarbeiten.
4. Wieso habt ihr euch dazu entschieden, aus einhorn eine sogenannte „Purpose Company“ zu machen?
Früher dachten Philip und Waldemar, dass Unternehmer*innen sein bedeuten würde zu führen und zu herrschen. Und natürlich innovieren, Sachen rausbringen und kontrollieren. Leute dazu bringen, das zu tun, von dem man denkt, dass es richtig ist. Inzwischen wissen sie, dass es eher darum geht, Sachen zu starten und dabei zu unterstützen, dass Dinge unternommen werden. Plattformen zu bauen, in denen Leute etwas unternehmen können.
Wir denken, der Weg zur Purpose Company ist die Zukunft unserer Wirtschaft und die Voraussetzung, wenn man die economy und “shareholder value only” tatsächlich unfucken möchte. Daher gilt seit Dezember 2019:
- einhorn kann nicht mehr verkauft werden
- Gewinne können von niemand aus dem Unternehmen gezogen werden (nicht mal von den Gründern)
- Die Stimmrechte der Firma müssen immer bei Mitarbeiter*innen von einhorn liegen
- Anteile können nicht vererbt werden
5. Wenn ihr es entscheiden könntet, welche Regel würdet ihr für alle Unternehmen einführen lassen?
Weniger Regeln, mehr Freiheit und Vertrauen. Und natürlich wäre es mega, wenn noch mehr Unternehmer*innen den Schritt zur Purpose Company wagen. 😉
Fotos: © einhorn.my